Zwischen Gesetz und Gewissen – Staatsanwalt informiert Schüler am GFS
Ein falscher Klick – und schon macht man sich strafbar. Dass das im Internet schneller passieren kann, als viele denken, wurde uns bei einem besonderen Besuch bewusst: Staatsanwalt Johannes Obenauf kam auf Einladung von Wirtschaftlehrerin Janina Gebelein an die Schule und informierte die Zehntklässlerinnen und Zehntklässler über die rechtlichen Risiken im Netz und die Bedeutung unserer Grundrechte. Was folgte, war kein langweiliger Vortrag, sondern ein spannender, teils auch erschreckender Einblick in die Welt des Rechts, die näher an unserem Alltag ist, als wir dachten.
Obenauf begann seinen Vortrag mit einem für uns Schüler sehr lebensnahen Thema: den Gefahren von Gruppenchats. Gemeinsam diskutierten wir über Inhalte, die man oftmals aus Unwissenheit leichtfertig teilt – ohne sich der möglichen strafrechtlichen Konsequenzen bewusst zu sein. Dazu zählen beispielsweise Bilder von anderen Personen, Tonaufnahmen von privaten Gesprächen wie etwa das im Klassenzimmer Gesagte, strafbare idiologische Symbole oder Sprache – auch einschließlich vermeintlicher Witze – sowie klassische Delikte wie Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede oder auch das Versenden von Nacktbildern Minderjähriger. Besonders die Beleidigung wird oft fälschlicherweise mit der Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Obenauf stellte hier allerdings klar, dass es sich um eine Beleidigung handelt, wenn sich eine Aussage konkret gegen eine Person richtet und diese nicht auf Tatsachen beruht.
Doch es gibt nicht nur das Grundrecht der Meinungsfreiheit, sondern insgesamt sogar 19 Grundrechte, wie wir später lernen sollten. Der Staatsanwalt befragte uns, welche Grundrechte wir bereits kennen würden. Genannt wurden die allseits bekannten: die Menschenwürde, das Recht auf Freiheit, also sowohl das Recht auf körperliche Unversehrtheit als auch auf die Entfaltung der Persönlichkeit, und die Gleichheit vor dem Gesetz. Dann geriet das Aufzählen aber ins Stocken. Obenauf erklärte, dass viele dieser Grundrechte für uns mittlerweile so selbstverständlich erscheinen, dass uns gar nicht bewusst ist, was sie eigentlich beinhalten. Das sei zunächst etwas Gutes, denn sie wirken so gut, dass sie nicht zum Problem des Einzelnen werden. Aber dennoch würde sie jeder vermissen, gäbe es sie nicht. Zu den weiteren Grundrechten zählen unter anderem die Freiheit von Erziehung und Ehe, die Versammlungsfreiheit, die Unverletzlichkeit des Wohnraums und sogar das Briefgeheimnis.
Natürlich braucht der Staat jedoch die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen in diese Rechte einzugreifen – wie beispielsweise bei einer Straftat oder einer Notlage. Einige Beispiele dafür sind die Freiheitsstrafe oder der Fall, dass ein Polizeibeamter im Einsatz eine Person erschießt, die eine unmittelbare Gefahr darstellt.
Abschließend stellte Obenauf uns vor ein ethisches Dilemma und ließ uns dieses anhand unseres neu gewonnen Wissens beurteilen: Ein Flugzeug mit 200 Passagieren wird von Terroristen entführt. Sie planen, es in ein Fußballstadion stürzen zu lassen, das mit 50.000 Menschen gefüllt ist und aus technischen Gründen nicht evakuiert werden kann. Darf ein Bundeswehrsoldat das Flugzeug abschießen, um die größere Katastrophe zu verhindern?
Es lassen sich unterschiedliche Argumente hervorbringen. So würde für einen Abschuss sprechen, dass die Passagiere im Flugzeug ja ohnehin bereits „dem Tod geweiht“ sind oder dass damit weniger Menschenleben betroffen wären. Damit würde man jedoch die Insassen an Bord versachlichen, was einem Verstoß gegen die Menschenwürde gleichkommt. Der Staatsanwalt beantwortete die Frage nicht final, sondern ließ die Antwort bewusst offen, um uns zum Nachdenken und Diskutieren anzuregen.
Jakob Hubert, 10c