Wie sich die Fränkische Schweiz verändert hat

Das Spannende an unserem P-Seminar ist, dass man hier die Möglichkeit bekommt, sich mit Geografie auf regionaler Ebene zu befassen - und nicht, wie sonst in der Schule, eher auf internationaler oder nationaler. Das Regionale geht zu oft unter!" Diese Aussage des Schülers Florian Preller wird wohl das Herz eines jeden Heimatforschers höher schlagen lassen. Preller gehört zu den 14 Schülern des Gymnasiums Fränkische Schweiz in Ebermannstadt (Kreis Forchheim), die sich im sogenannten P-Seminar „Die Fränkische Schweiz im Wandel der Zeit" zusammengefunden haben.

Diese etwas andere Lehrveranstaltung hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte Gemälde-Ansichten aus der Fränkischen Schweiz mit der heutigen Perspektive zu vergleichen und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Die Erkenntnisse der sieben Zweier-Teams sowie der Bildvergleich werden anschließend in entsprechender Form präsentiert.

Wie sieht das an konkreten Beispielen aus? „Wir wollten eigentlich eine alte Stadtansicht aus Ebermannstadt vergleichen", berichten etwa Claus Ossade und sein Forschungspartner Nico Hahn. Doch der Standort, den der Maler im 19. Jahrhundert wählte, war zwischenzeitlich längst bebaut, die Sicht des Zeitgenossen von Gebäuden verstellt.

Etwas anders stellt sich die Situation beim Kurort Muggendorf dar, der lange touristisches Herz der Region war: Auch hier hat sich einiges getan, doch konnten insgesamt drei alte Ansichten von jeweils zwei Schülern nachempfunden und fotografiert werden. Was sind ihre Erkenntnisse? „Die Felskämme sind heute bewaldet. Früher waren das Gemeindeflächen, die bewirtschaftet wurden, deswegen standen da keine Bäume", erklärt Laura Söllner. Auch hätten im oberen Dorfbereich früher Obstbäume gestanden, mit deren Früchten die Brennereien beliefert wurden. „Davon sind nur wenige übrig geblieben." Anders sieht dies bei der Bausubstanz aus: Kirchtürme oder markante Gebäude wie der Pavillon waren neben Landmarken wie Flussläufen und Felsformationen gute Orientierungsmarken für die jungen Forscher. „Auch die alten Scheunen in Muggendorf stehen noch an derselben Stelle - nahe an der Wiesent. Das war zwar im Falle einer Überschwemmung ungünstig, in Anbetracht der Brandgefahr aber von Vorteil", fasst Laura Söllner zusammen. Der Ortskern von Muggendorf hat sich hinsichtlich der Gebäude ebenfalls nur wenig verändert, wie ein weiterer Vergleich zeigt.

Etwas anders präsentiert sich hingegen der Ort Egloffstein: In einer Ansicht von einst stechen die zahlreichen Bäume im Ortsbild heraus, die mittlerweile längst weichen mussten. Gut erkennbar hingegen ist laut Nadine Knoll die heutige Gaststätte „Zur Post“, die früher tatsächlich eine Poststation gewesen ist. Darüber thront unverwechselbar die Burg, die der Künstler realistisch abbildete – damals übrigens keine Selbstverständlichkeit.

 

Einigkeit herrscht nämlich unter den „Burgenforschern“, unter den Schülern, die alte Ansichten der Ruinen Neideck und Streitburg im Wiesent-sowie der Burg Greifenstein im Leinleitertal untersuchten: Die Künstler im 19. Jahrhundert nahmen es mit Proportionen nicht unbedingt immer so ganz genau. Da werden die Mauern schon mal mächtiger, Türme höher und Felsen steiler, als es der modernen Überprüfung standhalten kann.

"Hintergrund eines solchen P-Seminars ist es, ein Projekt mit einer Partnerfirma oder -institution zu erstellen“, erklärt Studienrätin Gabi Fuchs-Zeiler, die die Betreuung auf Schulseite übernommen hat. „Dahinter steht der Wunsch, die Schüler praxisbezogen auf ein bestimmtes Thema anzusetzen und in der Erarbeitung der Präsentation Grundlagen für das spätere Berufsleben zu schaffen.“ Ihre Idee war es außerdem, das Originalbild und das nachgestellte aktuelle Foto auf einen Flyer zu drucken, den Standort der Aufnahme zu kennzeichnen und die aus dem Vergleich gewonnenen Erkenntnisse in einem Flyer zusammenzufassen. Insgesamt 14 solcher Praxisseminare bietet das Gymnasium, das rund 1000 Schüler ausbildet, für seine baldigen Abiturienten an.

Für das P-Seminar zum Strukturwandel konnte das Fränkische-Schweiz-Museum im malerischen Tüchersfeld gewonnen werden. Der promovierte Archäologe und stellvertretende Museumsleiter Jens Kraus hat schon viel Erfahrung im Umgang mit Schülern, da das Museum seit geraumer Zeit verschiedene museumspädagogische Ansätze verfolgt. Aus dem reichhaltigen Fundus des Museums stammen auch die Originalgrafiken aus dem 19. Jahrhundert. Wertvolle Hilfestellungen für die Schüler leisteten außerdem die Tourismusinformationen der verschiedenen Orte immer wieder.

Die hohe Qualität der Recherche bei gleichzeitig entspannter Arbeitsatmosphäre begeistern auch den Profi Kraus: „Die Schüler haben viel Aufwand betrieben, um der komplexen Thematik gerecht zu werden“, findet Kraus. Deswegen sei eine längere Ausstellung vom 4. Dezember bis Mitte März in den Räumlichkeiten des Fränkische-Schweiz-Museums in Tüchersfeld durchaus gerechtfertigt. Gemeinsam mit den 14 Schülern erarbeiten Fuchs-Zeiler und Kraus das komplette Ausstellungskonzept, suchen Sponsoren und denken über eine digitale Nachbearbeitung der Materialien nach. „Eine Menge Arbeit“, gibt Kraus zu, „aber ich wäre froh gewesen, wenn es so etwas zu meiner Zeit schon in der Schule gegeben hätte!“

 

Sebastian Linstädt, Nürnberger Zeitung (8. November 2014)